Ausstellung
Einladung zu einer Zeitreise
Im Jahr ihres 275-jährigen
Bestehens lässt die Commerzbibliothek
in einer Jubiläumsausstellung ihre Geschichte lebendig werden:
Mit
Buchschätzen, nautischen Instrumenten und
Hörstationen.
Eine Reise nach Madagaskar ist eine aufwendige Angelegenheit. Aber wenn
Besucher in die Ausstellung „275 Jahre
Commerzbibliothek“ kommen, sind sie mit der
„Holländischen Schifffahrt“ innerhalb
weniger Sekunden
auf Madagaskar und treffen die Ureinwohner. Natürlich handelt
es
sich „nur“ um eine Reisebeschreibung von Levin
Hulsius, die die Commerzbibliothek vor rund 275
Jahren
für ihre Leser gekauft hat. Aber wer an den neuen
Hörstationen der Ausstellung Hulsius anwählt, der
fühlt
sich sofort ins Madagaskar des Jahres 1595 zurückversetzt. Und
genau das möchte die Ausstellung: ihre Besucher auf eine
Zeitreise
durch die Geschichte der Commerzbibliothek mitnehmen.
In der Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit der Stiftung
Hanseatisches Wirtschaftsarchiv entstand, werden historische
Schätze und Kostbarkeiten wie der „Adam
Ries“ und der
„Brief des Columbus“ gezeigt. Beide Exponate sind
besonders
wertvoll, denn vom gezeigten „Adam Ries“ gibt es
weltweit
nur noch zwei Exemplare – und vom „Brief des
Columbus“ nur noch rund zehn.
Der Ausstellungsschwerpunkt liegt vor allem auf den Ursprüngen
der
Commerzbibliothek: farbenprächtige Atlanten, reichhaltig
illustrierte Reisebeschreibungen, Werke zur Schifffahrtskunde und
nautische Instrumente. Was viele heute nicht mehr wissen: Die
Bibliothek hat anfangs nicht nur Bücher, sondern auch
nautische, mathematische und astronomische Instrumente
gesammelt
– meist besonders schöne und kostbare
Stücke. Sie
wurden zwar im Lauf der Geschichte aus Platzgründen abgegeben,
doch mit Unterstützung des Museums für Hamburgische
Geschichte können in der Ausstellung einige
seltene
Instrumente gezeigt werden. Glanzstück ist ein sogenanntes
Astrolabium, ein „Stern-Nehmer“, wie es die
Bibliothek 1773
kaufte. Aber auch ein Kompass, ein geometrisches Besteck und
Kornmaße werden gezeigt. Natürlich
dürfen auch
für die Bibliothek wichtige Dokumente nicht fehlen.
Unter
anderem sind das Gründungsprotokoll,
historische
Leihscheine und der imposante
„Manchester-Katalog“ zu
sehen. Einige Bücher sind stille Zeitzeugen einer
Ära,
in der die Buchherstellung noch ein kunstvolles Handwerk war.
Doch Bücher entfalten ihre Wirkung nicht allein beim
Anschauen.
Sie werden erst lebendig, wenn man die Texte auch lesen oder
hören kann. Um bei den Besuchern möglichst viele
Sinne
anzusprechen, sind insgesamt zwölf exemplarische Texte aus
Büchern der Commerzbibliothek an zwei neuen
Mediastationen zu
hören. So kann man in gemütlichen Sesseln
bequem durch
die Jahrhunderte reisen und anschließend wieder im Hier und
Jetzt
ankommen. In den Schubladen der großen Schauvitrine finden
sich
auch Bücher aus dem aktuellen Bibliotheksbetrieb. Sie zeigen,
wie
konsequent einige Sammlungsgebiete der Bibliothek bis ins 21.
Jahrhundert fortgeführt werden, weil sie noch immer aktuell
für die Wirtschaft sind. Schließlich war die
Bibliothek
einst mit dem Ziel ins Leben gerufen worden, die für
die Aus-
und Fortbildung der Großhandels- und
Überseekaufleute
notwendige Literatur zu sammeln und öffentlich
zugänglich zu
machen. Von Kaufleuten für Kaufleute. Das hat sich auch in 275
Jahren nicht geändert.
hamburger wirtschaft, Ausgabe
April 2010