Praktika
Chancen geben
Vor allem behinderte und förderbedürftige
Jugendliche benötigen für einen erfolgreichen Start ins
Berufsleben Unterstützung. Zunehmend bietet sich ihnen die
Möglichkeit von Betriebspraktika, um erste Eindrücke in den
Berufsalltag zu sammeln.
Viele Unternehmen fragen sich, ob es schwierig sei, behinderte oder
förderbedürftige Jugendliche in ein Praktikum aufzunehmen.
Fest steht, dass junge Menschen mit individuellen Lern- und
Ausbildungshemmnissen für einen erfolgreichen Start ins
Berufsleben gezielte Unterstützung brauchen. Die Integration
Jugendlicher in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt gehört zu den
wichtigsten bildungs-, sozial- und wirtschaftspolitischen Aufgaben. Und
schwierig ist es nicht. Immer wieder entstehen Kooperationen an der
Schnittstelle von Schule und Beruf zugunsten behinderter oder
förderbedürftiger Menschen.
Sebastian* zum Beispiel, Schüler an einer Schule für
Geistigbehinderte, hat ein zweiwöchiges Praktikum bei der Hauni
Maschinenbau AG in Bergedorf absolviert. Selbstbewusst erklärt er,
dass er Botengänge gemacht, die Grünanlagen gepflegt,
Transportaufgaben erledigt und die Post sortiert habe. Abends sei er
„ein bisschen kaputt und müde“ gewesen. Am Ende seines
Praktikums hat Sebastian noch eine Powerpoint-Präsentation
über seine Tätigkeit bei Hauni angefertigt. Joachim Schlicht,
Ausbildungsleiter des Betriebes, berichtet, die Anfrage einer Schule
für Geistigbehinderte sei schon etwas ungewohnt gewesen. Aber er
habe bald gemerkt, dass er die richtige Entscheidung getroffen und in
Sebastian einen guten Praktikanten gefunden habe. „Wer, wenn
nicht wir?“, fasst er das Engagement seiner Firma zusammen.
„Schließlich gehört die Förderung benachteiligter
Menschen zur Unternehmensphilosophie.“
Die Schule Hirtenweg für Körperbehinderte bietet ihren
Schülern in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Unternehmen
Praktika nach dem Modell des Praxislerntages. Das bedeutet, dass sie
ein bis zwei Tage in der Woche im Betrieb und die übrige Zeit in
der Schule lernen. Die Schulstunden orientieren sich an den
Erfordernissen der betrieblichen Praxis. Hanna Fischer, Lehrerin an der
Schule Hirtenweg, erläutert, dass ihre Schüler ganz
unterschiedliche Praktika absolvieren konnten. Eine Schülerin zum
Beispiel füllte in einer Textilwerkstatt Stoffpuppen mit Watte und
vernähte sie, eine andere arbeitete in einer Großküche
mit, wieder andere waren in der Garten- und Landschaftspflege
tätig. Viele Firmen bieten schon Praktikumsplätze für
behinderte und förderbedürftige Jugendliche an. Schwierig
findet das niemand, und Berührungsängste, wenn es sie denn je
gab, sind längst überwunden.
Internet
Betriebe, die behinderte und förderbedürftige Jugendliche
für ein Praktikum aufnehmen möchten, können
unterschiedliche Unterstützungsmodelle in Anspruch nehmen. Wie das
geht und an welchen Integrationsprogrammen sie sich beteiligen
können, erfahren sie bei einer Fachtagung des
Aktionsbündnisses für Bildung und Beschäftigung der
Stadt Hamburg, die am 29. November stattfinden wird. Weitere
Informationen unter
www.hk24.de/schule
hamburger wirtschaft, Ausgabe Oktober 2010