Interview: Jochen Ziegler
Mit gutem Beispiel voran
Die Zeitarbeitsbranche hat nicht den besten Ruf.
Die Atrias Personalmanagement GmbH will das ändern, indem sie als
Vorbild dient. Die hamburger wirtschaft sprach mit
Geschäftsführer Jochen Ziegler über Humor, Visionen und
Mitarbeiter im Mittelpunkt.
hamburger wirtschaft: Wie oft haben Sie heute bei der Arbeit schon gelacht?
Jochen Ziegler: Oft, aber nicht so oft wie sonst, weil viele
Kollegen heute im wohlverdienten Urlaub sind. Aber Lachen gehört
bei uns zur Unternehmenskultur.
hw: Das beruhigt mich, denn schließlich versprechen Sie
Ihren Mitarbeitern Spaß an der Arbeit und viel Humor im
Alltag…
Ziegler: Wir haben hier viel Spaß, und somit geht die
Arbeit auch leichter von der Hand. Trotz der familiären und
fröhlichen Unternehmenskultur stellen wir tagtäglich auch den
wirtschaftlichen Erfolg sicher.
hw: Warum werben Sie für Ihr Unternehmen damit, die Mitarbeiter in den Mittelpunkt zu stellen?
Ziegler: Im Gegensatz zu anderen Unternehmen überlassen wir
unsere ServiceMitarbeiter ja anderen Firmen. Deshalb ist es
wichtig, dass diese sich bei uns gut aufgehoben fühlen. Dafür
tun wir viel, wir kümmern uns: vom gemeinsamen Tannenbaumschlagen
mit der Familie bis hin zu übertariflichen Gehältern und
Altersvorsorge. Und die Mitarbeiter honorieren das, indem sie uns die
Treue halten und gern für Atrias arbeiten. Unsere Fluktuation ist
gering. 94 Prozent unserer Mitarbeiter empfehlen uns weiter, und 62
Prozent wollen mit Atrias sogar in Rente gehen. Für
Zeitarbeitsunternehmen ein einzigartiges Ergebnis, bei einem
Durchschnittsalter von 40 Jahren.
hw: Sie wollen für Ihre gesamte Branche Vorbild sein. Ist das erforderlich? Braucht die Branche Vorbilder?
Ziegler: Leider prägen schlechte Beispiele das Image der
ganzen Branche. Insgesamt leisten aber viele der 15 000
Zeitarbeitsunternehmen in Deutschland ordentliche Arbeit. Wirklich in
Verruf kommen nur die, die dem Wettbewerbs- und Kostendruck nachgeben
und jeden Mist mitmachen. Da passiert dann manches, was nicht in
Ordnung ist – leider! Wir verhalten uns vorbildlich und
würden uns auch über schärfere Kontrollen freuen und
über eine Anpassung der Gehälter zur Stammbelegschaft, sprich
Equal Pay.
hw: Das Imageproblem der Zeitarbeit besteht also nicht zu Unrecht?
Ziegler: Sagen wir so: Es gibt viele weiße, aber auch
einige wenige schwarze Schafe. Übrigens: Wir sind, bleibt man in
diesem Bild, ein besonders weißes Schaf, denn unser Anspruch ist
höher. In einer unserer Werbekampagnen heißt es zum Beispiel
‚Sie haben etwas Besseres verdient‘, und das zielt
natürlich auf unsere Konkurrenten. Deren Mitarbeiter sollen
vergleichen, feststellen, dass wir besser bezahlen und betreuen, und zu
uns kommen.
hw: Ihre Firma ist enorm gewachsen, auf 14 Niederlassungen und
von einst 140 auf heute 1350 Mitarbeiter. Dennoch legen Sie Wert
darauf, dass Ihr Unternehmen mittelständisch und familiär
geführt wird. Wollen Sie noch größer werden?
Ziegler: Wachstum ist nicht alles für uns. Wir haben nicht
den Wunsch, Marktführer zu werden! Atrias soll wachsen, muss aber
nicht. Und wenn wir wachsen, dann selbst finanziert. Jede neue
Niederlassung bedeutet ja auch eine Investition von rund 100 000 Euro.
Entscheidend ist, das jeweils richtige Personal zu finden. Und dass
überall bei Atrias, in allen Niederlassungen, unsere
Unternehmenskultur gelebt wird.
hw: Offenbar haben Sie damit Erfolg. Atrias Personalmanagement
ist nicht nur nach DIN ISO 9001:2008 zertifiziert und Träger des
Familiensiegels, sondern wurde auch als einer der besten Arbeitgeber in
Deutschland, ja sogar in Europa ausgezeichnet…
Ziegler: …und das macht uns alle natürlich sehr,
sehr stolz, weil wir das als Team erreicht haben. Und weil es zeigt,
dass wir unsere Strategie erfolgreich umsetzen konnten:
betriebswirtschaftlich erfolgreich sein, dabei aber vorbildlich im
Umgang mit unseren Mitarbeitern. Aber: Wir überlegen schon jetzt,
wie wir noch besser werden können. (lacht) Wir haben doch nur
Platz 5 in Deutschland und 22 in Europa erreicht.
hw: Die zurückliegende Krise traf vielerorts die Zeitarbeiter zuerst. Gab es auch bei Ihnen Einbrüche?
Ziegler: Ja, natürlich! Wenn die Stammbelegschaft eines
Unternehmens in Kurzarbeit geht, kann das an Zeitarbeitskräften
nicht spurlos vorübergehen. Wir haben aber auch die Chancen
genutzt, zum Beispiel in Form von Personalentwicklungsgesprächen
oder durch die Weiterbildung unserer Mitarbeiter.
hw: Ist das Tal durchschritten?
Ziegler: Die Krise ist für uns eigentlich abgehakt. Wir
sind definitiv optimistisch, auch wenn es regional noch große
Unterschiede gibt und einige Unternehmen noch vorsichtig agieren.
hw: Ihr Unternehmen wurde 2004 in Dresden gegründet, Anfang 2008 verlegten Sie den Hauptsitz nach Hamburg – warum?
Ziegler: Kontakte nach Hamburg existierten schon, der Markt hier
war interessant – und Hamburg als Lebensumfeld bekamen wir dazu.
Hamburg als Stadt ist sehr attraktiv, dazu müssen Sie hier am
Gänsemarkt nur aus einem unserer Fenster gucken.
hw: Warum zeigt Ihr Firmenlogo eigentlich einen Kiwi?
Ziegler: Das hat keinen tieferen Grund. Bei der Entwicklung des
Logos dachten wir über verschiedene Früchte nach. Und von der
Kiwi kamen wir auf den Kiwi, den gleichnamigen Vogel. Und unseren
Sympathieträger finden mittlerweile alle toll. Inzwischen hat er
sogar einen Namen bekommen: Tippo.
Zur Person
Jochen Ziegler (46) ist gelernter Hotelfachmann und begann seine
berufliche Karriere in einem Fünf-Sterne-Hotel seiner Heimatstadt
Karlsruhe. In England stieg er rasch zum Hoteldirektor auf. Im Auftrag
einer amerikanischen Kette kam er nach Deutschland zurück und
eröffnete mehrere Hotels. Zuletzt leitete Ziegler ein Haus in
Pforzheim. Für seine schulpflichtigen Kinder gab er seine
Hotelkarriere auf und rekrutierte in München für die Deutsche
BA das Kabinenpersonal. Vier Jahre später kam er nach Hamburg zur
Deutschen Bahn, wo er für die „rollenden Mitarbeiter“
(Zugbegleiter und Gastronomie) aus vier Bundesländern
verantwortlich war. Zusammen mit Sven Schröder übernahm er
Anfang 2008 die Atrias Personalmanagement GmbH. Ziegler ist verheiratet
und hat zwei erwachsene Söhne.
hamburger wirtschaft, Ausgabe Oktober
2010