Gesellschaft
Alterndes Hamburg
Unsere Stadt wird älter und bunter. Damit wird
die Vielfalt der Mitarbeiter ein immer wichtigerer Wirtschaftsfaktor.
Hamburgs Unternehmen reagieren darauf mit einer neuen Personalpolitik.
Die Wirtschaft hat sich offenbar endgültig vom Jugendwahn
verabschiedet. Lange galt es als selbstverständlich, dass sich die
Mitarbeiter mit Anfang 60 aus dem Betrieb verabschiedeten. Viele
Unternehmer haben ihre Beschäftigten darin noch bestärkt, was
ihnen dank der politisch geförderten Frühverrentung auch
leicht gemacht wurde. Inzwischen versuchen viele Betriebe, die
älteren Mitarbeiter länger zu halten.
„Viele unserer älteren Kunden lassen sich an der Käse-
oder an der Fleischtheke besonders gern von älteren Menschen
bedienen“, beobachtet Bernd Enge, Geschäftsführer der
Niemerszein & Co. KG: „Wir sind deshalb sehr froh
darüber, dass wir unsere älteren Mitarbeiter nie in die
Frührente gedrängt haben.“ Enge hat immer für ein
ausgewogenes Verhältnis zwischen jüngeren und älteren
Mitarbeitern gesorgt, „denn die Mitarbeiterschaft sollte ein
Spiegelbild der Gesellschaft sein“.
Dem pflichtet auch Rainer Inzelmann, Geschäftsführender
Gesellschafter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Schomerus und
Partner, bei: „Für jedes Unternehmen sind ältere
Mitarbeiter ein wertvolles Gut, denn sie verfügen über einen
breiten Erfahrungsschatz. Viele unserer Mandanten schätzen die
langjährige Zusammenarbeit mit unseren Beratern sehr.“ In
einem Umfeld, das sich immer schneller verändere, müssten
jedoch alle Mitarbeiter fachlich stets auf der Höhe der Zeit sein,
so Inzelmann weiter. „Für die älteren Mitarbeiter kommt
es zudem darauf an, dass sie sich Initiative und Dynamik
bewahren.“ Schomerus bietet seinen Mitarbeitern daher ein breit
angelegtes Weiterbildungsangebot.
Mit ihrer Personalpolitik reagieren die Unternehmen auf den
demografischen Wandel. Hamburg wird zwar zunächst eine wachsende
Stadt bleiben, aber auch hier wird der Anteil der Älteren deutlich
ansteigen. Lag der Anteil der über 50-jährigen
Erwerbstätigen vor wenigen Jahren noch bei 26 Prozent, so wird er
bis 2020 auf ein Drittel ansteigen.
Personalverantwortlichen, die herausfinden wollen, wie sich der
demografische Wandel auf ihr Unternehmen auswirkt, bietet die
Handelskammer den Demografie-Rechner an. Auf der Basis der Kennziffern
des Betriebes ermittelt das Online-Tool, wie viele Neuzugänge
erforderlich sind, um die Mitarbeiterzahl langfristig konstant zu
halten und eine ausgewogene Altersstruktur zu erreichen.
Was für ältere Mitarbeiter gilt, trifft auch auf Migranten
zu. Sie bringen Erfahrungen mit, die andere nicht haben. Viele Firmen
suchen daher gezielt nach Mitarbeitern mit Migrationshintergrund.
Manche nennen das „Diversity Management“, andere
praktizieren es einfach – aus Überzeugung und zum Nutzen des
Unternehmens.
hamburger wirtschaft, Ausgabe
Oktober
2010